The Magic of Handwriting Letters

Die Magie Briefe von Hand zu schreiben

Oct 10, 2023The Goddess Collective

In der Grundschule war ich Teil eines Briefaustauschprogramms mit einer Schule in den USA. Ich erinnere mich noch heute an den Namen meiner Brieffeundin: Graze. Wir haben ein paar Briefe ausgetauscht, die inhaltlich sehr brillante Thematiken wie „Schule ist scheisse“ und „Mein Hamster ist heute gestorben“ enthielten. Nur logisch, dass unsere Korrespondenz irgendwann, nach einigem Hin und Her im Sand verlaufen ist. Aber man kann kaum erwarten, dass Kinder die nächste Virginia Woolf sind, wenn es um das Schreiben von Briefen geht.

Trotz meiner gescheiterten Brieffreundschaft mit Grace habe ich als Kind weiterhin Briefe an Freunde und Familie geschrieben, und das tue ich auch jetzt noch, obwohl ich mittlerweile 30 Jahre alb bin. Allerdings handelt es sich hierbei um echte Briefe in voller Länge. Keine Geburtstags- oder Dankeskarten (obwohl ich diese auch verschicke, aber zu unterschiedlichen Anlässen).

Nichtsdestotrotz kann ich verstehen, warum manche das Schreiben von Briefen für lahm halten oder sogar als einschüchternd empfinden. Weil, warum Briefe von Hand schreiben, wenn es E-Mail und soziale Medien gibt? Oder, worüber überhaupt schreiben? Dabei gibt gute Gründe, um mit dem Schreiben von Briefen zu beginnen, und einige Tipps, wie ihr diese für eure Leser:innen interessant gestalten könnt.

Warum ihr Briefe handschriftlich schreiben solltet

Eine Praxis mit Intention 
Ich werde euch nun nicht mit meinen Standardbeobachtungen über den Zustand unserer Gesellschaft langweilen und darüber, wie Technologie Dinge schneller konsumierbar und daher weniger besonders macht. Wir haben es alle gehört. Ich bin ein Befürworterin der Entschleunigung auf ein Tempo in Richtung der Eiszeit. So oder so, das Schreiben von Briefen hilft mir und hoffentlich auch euch, die sich ewig kreisenden Gedanken in unserem Kopf etwas zu beruhigen und uns wieder mit uns selbst zu verbinden. Das Schreiben eines Briefes hat somit eine ähnlich therapeutische Wirkung wie das Schreiben eines Tagebuchs; eine bewusste Übung ist, die einem dabei hilft, all die Dinge zu ordnen, die in unserem Gehirn vorgehen. Nehmt euch also die Zeit zum Grübeln, bevor ihr den Stift überhaupt zu Papier bringt. Beschleunigt diesen Prozess nicht, nur um ihn zu erledigen. Besser: Denkt an die Person, der ihr schreiben wollt, darüber nach, was in Ihrem Leben passiert ist, hört zu, wie der Stift über das Papier kratzt, beobachtet, wie die Spitze die Kurven eurer Handschrift zeichnet und die Punkte setzt.

Schreiben als Therapie
Briefe ähneln einer Therapie. Ich halte es für egoistisch, einen Brief, der für jemand anderen bestimmt ist, als Bearbeitungsinstrument zu nutzen. Aber meiner Erfahrung nach schätzen gute Freunde die persönlichen Gedanken und Offenbarungen, die aus diesem Schreiben aus dem Bewusstseinsstrom hervorgehen. Oftmals erkennen sie darin einige ihrer eigenen Verhaltens- und Denkmuster.

Fühlt euch mit Freunden und Familie verbunden
Die Heilung globaler Einsamkeit ist in letzter Zeit ein relevantes Thema. Und natürlich waren Zoom-Partys in Zeiten der physischen Distanzierung eine grosse Hilfe und sind selbst jetzt noch wirksame Arbeitstools. Aber verbinden wir uns wirklich über Bildschirme und soziale Medien? Ich stelle mir Briefe gerne als eine todsichere Möglichkeit vor, jemandem zu sagen: „Hey, ich habe an dich gedacht.“ Es ist mehr als nur eine kurze Check-in-SMS. Ein Brief zeigt, dass ihr euch wirklich die Zeit genommen haben, über die Person nachzudenken und etwas Besonderes speziell für sie geschaffen haben. Vernetzt euch so mit euren Grosseltern, Studienfreunden oder ehemaligen Nachbarn. Meiner Erfahrung nach freut sich jeder über einen Brief im Briefkasten.


Verbessert eure Schrift
Auch wenn man beim Schreiben nie perfekt sein kann – und Gott sei Dank, habe ich es versucht –, könnt ihr eure Briefe dazu nutzen, euch das häufige Schreiben zur Gewohnheit zu machen. Experimentiert mit Formaten und Stilen, arbeitet neue Wörter und charmante Wendungen in eure Brieftexte ein, seid kreativ und geniesst den Prozess.

Ein paar Tipps zum Schreiben guter Briefe
Nicht zu wissen, was man schreiben soll, ist eine frustrierende Erfahrung. Worüber schreibt man, nachdem man obligate Themen wie das Wetter und allgemeines Wohlbefinden erschöpft und Fragen aus früheren Briefen beantwortet hat?

Seid offen und ehrlich
Das Wichtigste zuerst: Ein guter Brief schämt sich, ähnlich wie eine gute Freundschaft, seines Zwecks nicht. Um eine Bindung zu jemandem aufzubauen, müssen wir die Mauern niederreissen, die wir zu unserem Schutz errichtet haben. Die besten Freundschaften basieren auf völliger Ehrlichkeit und haben keine Angst vor Urteilen. Betrachtet euren Brief als eine Erweiterung der jeweiligen Freundschaft oder als Baustein für eine noch bessere Beziehung zu jemandem. Schreibt aus dem Herzen und es wird höchstwahrscheinlich erwidert.

Mit der eigenen Stimme schreiben
Für manche Menschen sind Briefe ein altmodisches und spiessiges Unterfangen. Aber lasst euch nicht von diesem leider etwas veralteten Medium einschüchtern. Mein Rat ist, so zu schreiben, wie wir mit jemandem sprechen würden. Angesichts der Tatsache, dass die meisten von uns unterschiedlich mit verschiedenen Menschen sprechen, ist das ein guter Leitsatz. Bei manchen Korrespondenten kann ich meine sprachlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen, bei anderen halte ich es einfach, freundlich und ein bisschen albern.

Es ist in Ordnung, langweilig zu sein
Und, sind wir mal ehrlich, es gibt Zeiten in unserem Leben, in denen nichts passiert und alles ein bisschen langweilig ist. Wir besteigen gerade nicht den Everest, reisen nicht nach Bali und gründen kein Unternehmen. Wen interessiert das? Manchmal sind die kleinen Alltäglichkeiten des Lebens die besten Dinge, über die man lesen kann. Was ist euch gestern zufällig in den Sinn gekommen? Was ist euch aufgefallen, als ihr aus dem Fenster geschaut haben? Ich stelle oft fest, dass die Duschgedanken eines Menschen kaum eine Plattform zum Ausleben finden. Ein Brief könnte genau das Richtige sein.



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